Fotografie neu definiert und/oder lernen fürs Leben

Naturfotografie hat besondere Herausforderungen

Kürzlich ging ich früh am Morgen auf eine meiner vielen Fototouren in den nahegelegen Wald. Wer gerne Tiere fotografiert, muss damit leben, dass es viel Geduld braucht. Der Mensch bedeutet sehr häufig Gefahr für diese Lebewesen. Mensch mit Kamera deren Objektiv oft auch reflektiert, ist zudem schwer einzuordnen. Die Folge sind schwer auffindbare oder flüchtende Tiere. Natürlich helfen Wissen, Tricks und eine entsprechende Fotoausrüstung ein gutes Stück weiter.

Fotografieren mit Smartphone und Fernrohr

Während ich auf der Pirsch nach geduldigen Tieren bin, kommt mir plötzlich ein Auto auf dem Waldweg entgegen. Es ist der Wildhüter. Aus einem Smalltalk entwickelt sich eine umfassende Diskussion, wie man Tiere fotografieren kann. Er zeigt mir seine Bilder von der Jagd. Geknipst hat er sie mit dem Smartphone und einem Fernrohr. Dazu hat er sich einen Aufsatz gekauft, womit er beides verbinden kann. So sind Tierfotos aus grosser Distanz möglich, wenn auch nicht in der gleichen Qualität einer hochwertigen Kamera. Doch das muss auch nicht sein. Er hat eine andere Verwendung für seine Tierfotos. Zum Beispiel kann er damit das Alter der Steinböcke definieren. Dieses ist an den Jahresringen der Hörner ersichtlich. Das ist wird dann wichtig, wenn er beispielsweise den Auftrag hat, 10-jährige Steinböcke zu schiessen.

Fotografie mit Lichtschranken

Der deutsche Naturfotograf Karsten Mosebach beschreibt im Blog «Behind the article: Tierfotografie mit der Lichtschranke», wie er Tiere bei schwierigen Lichtverhältnissen oder im Flug mit der Lichtschranke fotografiert. Tiere, die (Zitat) «die wenigsten Menschen tatsächlich einmal ausserhalb des Zoos so detailliert gesehen haben, wie es mit dieser Art der Fotografie geht.» (Quelle: fotoforum.de)

Zurück zur Begegnung mit dem Wildhüter. Auch der Wildhüter arbeitet mit einer Lichtschranke/Fotofalle. Und zwar an den Futterstellen, wo die Tiere sich in der Nacht treffen. Das ermöglicht Fotografien, wie sie sonst nicht zu schaffen wären. Heimlich, mit einer vorinstallierten Fotoausrüstung. Das Resultat ist beeindruckend, wenn auch nicht immer ganz scharf und oft auch unterbelichtet.

«Warum tue ich mir das an?»

Diese Frage stelle ich mir immer mal wieder. 10 Kilo Fotoausrüstung bei oft starkem Regen oder grosser Hitze mitzuschleppen, für einen der unberechenbarsten Fotobereiche den es gibt: Natur- und Tierfotografie. In aller Frühe aufstehen, den «inneren Schweinehund» überwinden und sich etwas Unzuverlässigem und Unstetem aussetzen – mit der Gefahr von sehr viel Aufwand ohne Resultat.

Fürs Leben lernen

Wir leben in einer Welt, die immer mehr geprägt ist von Aufwand und Ertrag. Von klar Messbarem. Das persönliche Erleben und die Chance, andere und besondere Erfahrungen zu machen, gehen vergessen oder werden in den Hintergrund gedrängt. Es geht nur um Nutzen und Gewinn. Doch es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn einem ein Tier- oder Naturfoto gelingt. Auch wenn es mit Aufwand verbunden ist.

Drei Dinge habe ich durch die Fotografie gelernt

  • Geduld
  • Loslassen
  • Mich riesig zu freuen, wenn mir ein gutes Foto unter den widrigsten Umständen gelungen ist.

 

Naturfotografie, ein Milan im Zürcher Oberland

Was ist jetzt richtig?

Klar – diese Frage muss gestellt werden. Richtig gestellt werden. «Richtig» orientiert sich an den Zielen, die erreicht werden müssen. In meinem Fall ist es das persönliche Erleben. Ein Ausgleich zum Berufsstress. Im Falle des Wildhüters geht es um Tierbeobachtung und beim Tourismus um einzigartige Fotos, die einladend wirken sollen. Denn gutes Fotomaterial kann in der Tourismusbranche über Präferenzen und Buchungen entscheiden …

 

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