Das Ziel ist der «Selbstmordpfad» – Warum tun wir uns das an?

Ein Ziel haben und sich selbst und seine inneren Wiederstände überwinden – das kennen wir alle. In meinem Fall ist es der abendliche Spaziergang mit Frau und Hund. Es ist ein ganz bestimmter Weg mit gefühlten 90 Grad Steigung. Wir nennen ihn den «Selbstmordpfad», ein Ausdruck aus einem Trickfilm. Richtig heisst er anders. Der «Selbstmordpfad» ist eine Herausforderung.

Es sind 100 Meter Höhenunterschied. Das ist faktisch nicht viel. Und wenn ich ausgeruht bin, lächle ich bei der Vorstellung, diesen «Horeb» zu bezwingen. Aber am Abend, am Ende eines langen Tages, verlässt mich die Realität. Dann scheint dieser Marsch unüberwindbar. Es fallen mir unendlich viele Alternativen ein, die wesentlich angenehmer wären. Sich ins warme Bett verkriechen oder aufs Sofa kuscheln. Ein Glas Wein. Ein gutes Buch.

Warum tun wir uns das an? Weil es uns gut tut. Weil, sind wir mal oben angekommen, es uns einfach ein gutes Gefühl gibt. Körper und Geist belebt.

Es mag komisch klingen – wenn ich den «Selbstmordpfad» nicht gehe, fehlt mir etwas. Ich fühle mich träge. Da ist eine Herausforderung, die mir einen Nutzen bringt. Je nach Wetter wird man «seichnass», verschneit oder man friert. Wenn es «hudlet» und windet, wenn die äusseren Umstände schwierig sind, kostet mich die Überwindung zum Anfang einiges. Auch unterwegs taucht immer wieder die Frage auf, warum ich mir das antue. Es ist das Wissen, dass mein Körper und mein Ego diese Bewegung brauchen. Training hat positive Auswirkungen. Je regelmässiger, desto einfacher wird’s mit der Zeit.

Widerstände gibt es immer wieder. Und wenn du weisst, du hast sie überwunden, stärkt es das Selbstvertrauen. Und nicht nur das: Wenn ich nach diesem Spaziergang ein Buch lese oder ein Glas Wein trinke, hat der Moment viel mehr Wert. Ein wahrer Genuss. Überwindung befriedigt sehr. Erreichte Ziele dürfen gefeiert werden.